Donnerstag, 28. Januar 2016

Loredana Limone: Wie die Frauen von Borgo Propizio das Glück erfanden

Loredana Limones Roman "Wie die Frauen von Borgo Propizio das Glück erfanden" ist ein heiterer, vielfältiger aber leider etwas oberflächlicher Roman. Der Leser wird entführt in die kleine italienische Dorfwelt mit jeder Menge Liebe, Lebensflair und Klischees.
 
Im Dorf Borgo Propizio möchte Belinda nochmal neu starten und eine Milchbar eröffnen. Ihr Leben dreht sich seit jeher fast ausschließlich um Milch. Für den Umbau engagiert sie den Bauarbeiter Ruggero. Dieser findet dabei nicht nur Überraschungen beim Umbau im Haus vor, sondern überfährt beim Feierabend fast Mariolina. Die beiden brauchen nur einen Blick tief in die Augen und es ist um sie geschehen. Was nun folgt, sind eine Aneinanderreihung von Missverständnissen, Auseinandersetzungen mit den jeweiligen Familien und die Jagd nach einem lang verschollenen Schmuckschatz. 

Das Tempo und die Themenvielfalt im Roman ist enorm. Konflikte entstehen und werden aber innerhalb weniger Seiten schon wieder aufgelöst. Tatsächlich meist durch das direkte Gespräch miteinander. Manche Themen werden nur kurz angerissen und gehen kaum in die Tiefe, andere ziehen sich immerhin durchs ganze Buch wie z. Bsp. das Verhältnis zwischen Mariolina und ihrer Schwester.  Allen gemeinsam ist aber, dass alles gut wird. 

Ein wenig unglaubwürdig ist die ganze Geschichte schon und vielleicht auch ein wenig zu sehr romantisiert, aber letztlich ist es gerade dadurch ein Buch zum Träumen. Während des Lesens riecht man förmlich Italien und man wird in Sommerurlaubsstimmung versetzt. Das alle ihr Glück finden, wird konsequent durchgezogen und ist fast zu schön um wahr zu sein - eben ein moderenes Märchen vom erwachenden italienischen Dorf und der Sehnsucht nach Liebe. Ein Roman, der schön zu lesen ist und eine nette Möglichkeit darstellt, dem trüben Winter in Gedanken zu entfliehen. Erschienen jetzt neu als Taschenbuch beim Piper Verlag.



Donnerstag, 21. Januar 2016

Delphine Bertholon: Am Anfang war der Frost

Der Klappentext hat mich verführt, den Roman "Am Anfang war der Frost" zu lesen: 

 "1981. Grâce Bataille führt in ihrem malerischen Familienhaus in der französischen Provinz ein Leben wie aus dem Bilderbuch – mit zwei wunderbaren Kindern und einem Mann, der zwar wenig Zeit für sie hat, den sie aber abgöttisch liebt. Doch alles bricht in sich zusammen als ein neues Au-Pair-Mädchen bei ihnen anfängt … 2010. Nathan kehrt nach Hause zurück, um wie immer mit Mutter und Schwester Weihnachten zu feiern. Doch dieses Jahr ist alles anders. Sein Vater, der dreißig Jahre zuvor wortlos verschwand, taucht wieder auf. Und plötzlich geschehen seltsame Dinge im einst idyllischen Haus …"

Der Roman ist eine Mischung aus Horrorelementen, Kriminalroman und Familientragödie. Man hat fast den Eindruck, die Autorin konnte sich nicht so ganz entscheiden und hat alle Elemente vermischt. Mittels eines Tagesbuch, geschrieben von Grace, der Mutter in der Familie, wird die Zeit von 1981 beschrieben, als ihr Ehemann eines Tages von seinen Vertriebsreisen nicht zurückkehrt. In der Handlung 2010 ist Weihnachten und die Familie versammelt sich im Haus der Mutter. Der Vater kehrt überraschend zurück und will sich mit den Kindern treffen. Die Rückkehr des Vaters ist wie fast zu erwarten nur der Auslöser für die Geschichte. Das Treffen zwischen dem Vater und den beiden Kindern ist kurz, auf neutralem Boden und der Grund für die Rückkehr bleibt ein wenig im Dunkeln.
Wichtiger jedoch sind die Vorfälle damals und heute. Im Damals ist das junge polnische Au-pair ein Dorn im Auge der Mutter. Sie schreibt sich in ihrem Tagebuch immer mehr in Rage über das junge Mädchen, äußert den Verdacht, dass ihr Mann eine Affaire mit ihr hat und unterstellt beiden alles Böse der Welt. Sie schreibt ihren Frust in sehr derben Worten nieder und bricht dann eines Tages sehr plötzlich ab. Dabei schwört sie, nie wieder zu schreiben und man ahnt schon, dass etwas sehr Einschneidendes passiert sein muß.
In der Gegenwart hingegen geschehen auf einmal im Haus merkwürdige Dinge. Es scheint zu spuken und die Familie wird in Angst versetzt. Schritt für Schritt versuchen die Kinder hinter die Geschehnisse von damals und heute zu kommen. Dies gelingt am Ende, auch wenn der Ausgang der Geschichte erahnt werden kann.
Ich fand die Story durchaus spannend und die Poltergeist-Vorkommnisse tatsächlich beängstigend so banal sie auch waren. Ich konnte die Mutter in ihrem Handeln irgendwie verstehen und war doch anderseits erstaunt, zu was sie fähig war. Die Rolle des Vaters und seiner Rückkehr ist mehr eine Randgeschichte. Ich fand es schade, nicht mehr über den Vater von damals und seine Rolle zu erfahren. Dies wird nur sehr kurz erläutert. Wohingegen die Sicht der Mutter und ihre Gefühle sehr ausführlich behandelt werden. Insgesamt eine schöne Familientragödie mit Krimielementen und einem sehr schönen Spannungsbogen.



Stewart O'Nan: Die Chance

Hat eine Ehe nach 30 Jahren noch eine Chance oder nicht? Stewart O'Nan lässt uns teilhaben an der Ehekrise der zwei Amerikaner Art und Marion. Beide reisen an den Ort ihrer Hochzeitreise - die Niagara Falls. Die Reise erfolgt diesmal im Gegensatz zu vor 30 Jahren unter sehr ungünstigen Voraussetzungen: das Ehepaar ist pleite, versucht seit einem Jahr sein Haus zu verkaufen und will sich trennen. Mit einem Billigangebot und dem letzten Bargeld wollen sie noch einmal ein paar Tage gemeinsam verbringen und im Idealfall im Casino richtig gewinnen.
Die Trennung scheint vor allem von Seiten Marions motiviert, die offenbar über eine Affäre von Art mit Wendy nicht hinwegkommt. Wendy und die Affäre sind am Anfang sehr dominant, so dass man direkt den Auslöser der Krise darin sieht und sich erhofft, die beiden raufen sich zusammen. Umso erstaunter war ich, als herauskam, dass die Affäre schon 20 Jahre her ist. Das aber dies immer noch so dominant zwischen beiden steht, ist erstaunlich. Es scheint, als haben beide nur der Kinder wegen es so lange durchgehalten. Ihren beiden Kindern haben sie demzufolge auch von ihren Plänen zur Trennung noch nichts erzählt. 
Art und Marion pflegen trotz der Trennungsabsichten noch einen sehr zärtlichen Umgang miteinander, wobei vor allem Art Marion alles recht machen will und quasi permanent auf der Hut ist, wie sie wohl reagiert. Marion ist für mich auch völlig unverständlich geblieben - freut sie sich einerseits aufs Singleleben und ist genervt von vielen kleinen Dingen die Art tut, springt auf der anderen Seite aber trotzdem mit ihm durchs Bett...Beide scheinen sich letztlich nicht im Klaren zu sein, was sie möchten und das Klischee vom oberflächlichen, nicht reflektierenden Amerikaner hat der Autor hier gut eingefangen. 
Im ganzen Buch spielt Alkohol eine sehr große Rolle. Immer wieder werden Drinks bestellt, getrunken, Flaschen geöffnet - das alles offenbar, um die Zunge zu lockern und endlich ins Gespräch zu kommen. Auch über die tolle Aussicht, alle Attraktivitäten vor Ort wird sehr oft berichtet. Fast schon ein kleiner Reiseberichtam Rande.
Die jedem Kapitel vorangestellte Wahrscheinlichkeit (z. Bsp. "Wahrscheinlichkeit, dass ein Paar eine zweite Hochzeitsreise zum selnem Ort unternimmt: 1:9") gibt immer schon einen Hinweis auf den Inhalt des Kapitels und fand ich als ein sehr witziges Element. 
Für mich wurde die Chance aber vertan, einen fesselnden Roman zu schreiben. Die Geschichte plätschert dahin, hat kaum Höhepunkte oder Spannung. Die beiden Hauptpersonen waren mir zu oberflächlich und das Ende einerseits zu abrupt anderseits zu kitschig. Der Roman ist auf sehr wenige Personen, Orte und Handlungen beschränkt, was eine gute Chance ist, eine sehr tiefgehende Geschichte zu erzählen. Leider bleibt sie aber nichtssagend. Ich habe mich nur mit Mühe zum Ende durchgelesen, da ich letztlich den Ausgang der Ehe bzw. der Chance wissen wollte.

Montag, 18. Januar 2016

Giganten zum Staunen: Eisenbahnen. Spektakuläre Züge auf Ausziehtafeln

Das perfekte Buch für kleine und große Eisenbahnfans ist "Giganten zum Staunen: Eisenbahnen. Spektakuläre Züge auf Ausziehtafeln"aus dem Dorling Kindersley Verlag. 
Die Altersempfehlung hat der Verlag auf 7-9 Jahre gesetzt, wir haben das Buch schon zum 5.Geburtstag dem eisenbahnverrücktem Kind geschenkt. Die Verarbeitung des Buches ist sehr hochwertig. Man kann viele Seiten mehrfach ausziehen, so dass ein langer Zug entsteht. Die Themen reichen von den ersten Eisenbahnen, dem ersten Eisenbahnbau, U-Bahnen, Gütertransport, Luxuszügen bis hin zu modernen Schnellzügen. Es gibt viele Bilder - sowohl Fotografien als auch Illustrationen - und zu jedem Bild erläutertende Texte. Man kann sowohl nur die Haupttexte lesen als auch jede Menge kleinerer Detailinformationen. Je nachdem wieviel Zeit man mit Vorlesen oder selber lesen verbringen will. 
Die Informationen über die Eisenbahnen sind dabei vielfältig, wenn auch die üblichen, wie man sie aus den vielen Kinderbüchern über Eisenbahnen schon kennt. Einzigartig ist dieses Buch aber durch die Gestaltung mit den Rausziehtafeln und dem Relief auf dem Einband. Die Rausziehtafeln lassen sich ab und zu etwas schwer wieder reinschieben, hier benötigen Kinder auf jeden Fall Hilfe. Wir schauen dieses Buch daher meistens gemeinsam an. Für kleine Eisenbahnfans ist dieses Buch aber ein echter Gewinn v.a. im Vergleich zu den anderen Kindereisenbahnbüchern.

David Melling: Die wilden Strolche

Lange Zeit waren "Die wilden Strolche" von David Melling unser Lieblingsbuch. Sowohl die Geschichte als auch die Bilder haben mich begeistert.
Das Buch hat eine schöne Vorlese-Länge und der Text ist witzig geschrieben. Die Geschichte hat ein paar kleinere Flüche und Schimpfwörter. Wer Kinder kennt, weiß, wie diese das lieben, wenn Eltern Sätze wie "Ihr räudigen Trottel" vorlesen. 
Die wilden Strolche sind eine Gruppe von Wölfen, die ihrem Klischee von den störenden, unsauberen und sich nicht benehmenden Tieren alle Ehre machen. Als alle Waldtiere fürein schönes Foto Aufstellung genommen haben, kommen die wilden Strolche wie immer zu spät und das allerschlimmste - sie zerstören das ganze Gruppenbilder. Die anderen Tiere sind daraufhin so sauer, dass sie die Wölfe von all ihren Festen ausschließen. Zunächst ist das den Wölfen egal, aber schon bald merken sie, wie langweilig es doch ohne Freunde ist und sie beschließen, sich besser zu benehmen. Dies muß natürlich geübt werden und so spionieren sie das brave Verhalten der anderen Tiere auf sehr witzige Art und Weise aus. Dieses Ausspionierbild ist für mich das beste Bild im Buch, da man soviel darauf entdecken kann und es einfach sehr witzig ist. Als die Wölfe endlich alles könne, trauen sie sich auch wieder zurück zu den Tieren und werden wieder aufgenommen - nur ganz so glatt geht das nicht, dann es wird Vollmond...
Viele witzige Bilder und Details, eine lustige Geschichte über das gute Benehmen und die versteckte Moral machen dieses Buch zu einem wahren Schatz und einer Kaufempfehlung für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren. 

William Joyce: Die fliegenden Bücher des Mister Morris Lessmore

Wer Bücher liebt, wird dieses (Kinder-) Buch lieben. Die Geschichte ist einfach so wunderbar erzählt, so angenehm gereimt und die Illustrationen so liebenswert, das es mir jedes Mal wieder den Atem nimmt.


Inhaltsbeschreibung vom Buchrücken:"Mister Morris Lessmore liest und schreibt für sein Leben gern. Doch eines Tages wirbelt ein schwerer Sturm seinen geordneten Alltag gehörig durcheinander und Morris landet in einer seltsamen Schwarz-Weiß-Welt...Dort begegnet ihm ein freundlichesWesen, das ihn zu einem farbenfrohen Haus führt. Ein Haus, in dem nur Bücher leben."

Die Geschichte wird mit nur wenigen Worten erzählt, vielmehr erzählen die Bilder. Insofern ist es eher ein Bilderbuch als ein Vorlesebuch. Erstleser können sich an dem großen Text durchaus versuchen. Zielgruppe scheint mir aber fast mehr der vorlesende Erwachsene zu sein als Kinder. Für kleine Kinder ist diese Geschichte zu abstrakt, für den Bücherliebhaber aber genau das richtige. Die Aufmachung und das Format sind hochwertig, so dass der Preis von fast 15 Euro für die recht wenigen Seiten durchaus gerechtfertigt ist.



Ingo Siegner: Eliot und Isabella und das Geheimnis des Leuchtturms

Neben dem kleinen Drachen Kokosnuss hat Ingo Siegner auch noch eine andere Romanreihe. In der Hauptrolle dieser Romane steht der kleine Rattenjunge Eliot und seine Rattenfreundin Isabella. Diese erleben unterschiedlichste Abenteuer.
In "Eliot und Isabella und das Geheimnis des Leuchtturms" macht sich Eliot in den Ferien mit seinen Eltern auf Reisen. Lust hat er dazu schon mal keine, denn es geht auf die langweilige Insel Ratzekoog. Mit schlechter Laune macht sich Eliot mit seinen Eltern im Zug auf die Reise. Doch schon bald hellt sich seine Stimmung auf - denn auch seine Freundin Isabella ist an Bord. Wie der Zufall es will, ebenso auf den Weg nach Ratzekoog. Es beginnt eine Zeit der kleinen und großen Abenteuer. Mit einer Freundin machen eben die Ferien viel mehr Spaß und so erkunden die beiden die Insel. Nicht lange und schon treffen sie auf Bocky Bockwurst und seine Bande. Was die nun ausgerechnet auch noch auf der Insel zusuchen haben und was es mit dem Gespenst im Leuchtturm auf sich hat, erzählt Siegner in seiner gewohnt witzigen, fröhlichen Art. Kleine wie große Leser fiebern mit bei der Rettung des Pinguins Rakete und beim Austricksen von Bocky Bockwurst. 
Die Kapitel sind im Schnitt sechs Seiten lang, wobei die Schrift recht groß gedruckt ist und so von Leseanfängern ebenso probiert werden kann. Vor allem ist es aber einVorlesebuch mit witzigen Illustrationen von Ingo Siegner, welches einiges Vergnügen bereitet und man auch gern mehr als ein Kapitel vorliest. Die Geschichte ist spannend, unterhaltsam und vor allem kindgerecht. Das Buch ist der dritte Band der Eliot und Isabella-Reihe, aber man versteht die Erzählung auch ohne die vorangegangenen Bücher zu kennen. Ein für mich weitere Pluspunkt ist tatsächlich, dass die Bücher mal kein Hardcovereinband haben wie fast alle Kinderbücher, sondern Softcover. Dadurch kommen diese Bücher öfters mal mit auf Reisen, sie sind einfach die leichtesten.

Andreas H. Schmachtl: Snöfrid aus dem Wiesental. Die ganz und gar unglaubliche Rettung von Nordland

Ein weiteres Buch von Andreas H. Schmachtl in meinem Kinderbuchschrank ist die Geschichte vom Snöfrid. Wieder sind die Illustrationen ebenso vom Autor und ähnlich denen der Tilda Apfelkern-Reihe. Die Aufmachung des Buches ist wertig, mit Stoffbuchrücken, dickem Papier und Lesebändchen.
Snöfrid ist ein kleines Kerlchen, das in einer Höhle lebt und am liebsten seine Ruhe hat. Diese wird aber auf einmal empfindlich gestört, denn mitten in der Nacht stehen bei ihm drei Feenmännlein, die ihn um Hilfe bitten bei der Rettung der Prinzession Gunilla. Diese wurde entführt und verschleppt. Snöfrid ist es zwar gar nicht recht, aber wenn er nun mal der Ausgewählte zur Rettung ist, dann muss er losziehen. Dies tut er und erlebt natürlich jede Menge Abenteuer. Von realistischen Tieren bis hin zu Fabelwesen ist alles dabei.Und immer auch das kleine Gemecker, dass er ja eigentlich nur seine Ruhe will. Redseelig ist Snöfrid nicht. Am liebsten macht er nur "Hmpf". Der Autor erläutert dann immer, was er wohl gemeint haben könnte. 
Das Buch ist mit 235 Seiten schon ein sehr langes Buch für Kinder, wobei die einzelnen Kapitel zwischen 6 und 7 Seiten haben. Jedem Kapitel steht eine kleine Zusammenfassung voran, die beschreibt, was passieren wird. Alle Kapitel bauen aufeinander auf und manche enden so spannend, dass man gleich noch ein Kapitel vorliest. Die Länge der Kapitel ist aber wieder ideal für den Abend und man findet in die Geschichte immer wieder rein. Die Ideen und Erlebnisse von Snöfrid sind lustig, fantasievoll und abenteuerlich. Das Ende durchaus überraschend und lohnt daher das Durchhalten. Neben der Geschichte sind es einmal mehr auch die Illustrationen, die dieses Buch zu einem echten kleinen Schatz unter den Kinderbüchern macht.

Ralf Rothmann: Im Frühling sterben

Ralf Rothmann ist mit "Im Frühling sterben" ein bewegender und überzeugender Antikriegsroman gelungen. Jeder Satz ist wohl überlegt und treffend. 
Der Autor beginnt seine Geschichte mit einer Beschreibung des Vaters Walter 30 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg. Der Vater hat hart gearbeitet im Bergwerk, war nie krank, hatte keine Freunde und wirklich Freude schien er auch nie zu haben. Warum das so ist, wird im Laufe der Geschichte klar. Erzählt wird die Geschichte zweier Freunde, gerade 17 Jahre alt und als Melker auf einem Hof in Norddeutschland. Kurz vor Ende des Krieges 1945 werden beide noch zwangsrekrutiert, erhalten eine kurze Ausbildung und werden nach Ungarn an die Front geschickt. Walter hat es dabei vermeindlich besser, er darf einen LKW fahren, während sein Freund Fiete an die Front muß. Die beiden Freunde haben klar verteilte Rollen - während Walter vernünftig ist und folgt, beschäftigt sich Fiete schon früh mit dem Gedanken der Flucht. Obwohl Walter ihm es mehrfach erfolgreich ausredet, versucht es Fiete eines Tages doch und wird erwischt. Er wird zum Tode verurteilt und ausgerechnet Walter soll ihn mit anderen Kameraden erschießen. Die Gewissensfrage nagt sehr an Walter und wird letztlich sein ganz Leben beeinflussen.
Die Situation ist fast unvorstellbar und lässt den Leser mitleiden. Die Frage, wie man selbst in dieser Situation gehandelt hätte, steht unausgesprochen im Raum. Die ganze Lage im letzten Kriegsjahr in Ungarn, wo viele schon ausgebrannt sind, das Ende des Krieges quasi schon in der Luft liegt, beschreibt Rothmann mit sehr klaren Bildern und macht die Situation für den Leser lebendig. Der Wahnsinn, dass junge Männer in den Krieg getrieben werden, beschreibt er nüchtern und das macht den Leser gleichzeitig so fassungslos. 
Ein Roman mit keinem Wort zuviel, Stil und klarer Aussage. Absolut lesenswert.



Andreas H. Schmachtl: Tilda Apfelkern. Die Freunde vom Heckenrosenweg

Tilda Apfelkern ist eine kleine Maus, die ihr Häuschen am Heckenrosenweg gleich am Fußes des Kirchturms hat. Ihre Freunde sind der etwas muffelige Rupert, die im Postladen wohnende Molly und viele andere kleine Mäuse, Eichhörnchen, Kaninchen, Vögel und Igel. In ihren Geschichten erlebt Tilda fast jeden Tag eine neue Überraschung. So fliegt sie mit einem Heißluftballon, entdeckt einen Leuchtturm, babysittet eine ganze Entenschar, richtet ihr Haus neu ein und rettet Molly aus einer verzwickten Lage. 
Alle Geschichten sind dabei immer fröhlich und positiv formuliert. Die Spannung ist wohl dosiert und es gibt keine Gruselmomente. In Tildas Welt ist alles in Ordnung, schön und lässt sich alles lösen. Am Ende sitzen alle fröhlich Tee trinkend bei ihr. Allen Geschichten ist eines gemeinsam - es wird betont, wie wichtig Freunde sind und wie hilfreich. Ohne ihre Freunde wäre es für Tilda nur halb so schön auf der Welt.
Andreas H. Schmachtl hat sowohl die Texte geschrieben als auch die Illustrationen gezeichnet. Die Geschichten (Kapitel) sind zwischen 4 und 6 Seiten lang, also eine ideale Guten-Nacht-Geschichten Länge. Die Geschichten sind meist in sich abgeschlossen und bauen nur selten direkt aufeinander auf, so dass man immer wieder gut hereinfindet. Die Illustrationen sind großzügig, auf fast jeder Seite findet sich eine Kleinigkeit, aber es gibt auch ganze Seiten mit einem Bild. Dabei sind die Bilder sehr liebvoll gezeichnet, mit kleinen Details und wirklich schön anzusehen. 
Die Verarbeitung des Buches ist sehr stabil und hochwertig. Der Buchrücken ist mit Stoff bespannt, so dass viele Lesestunden möglich sind. Einband ist mit Pappe, die einzelnen Seiten sehr stabiles Papier. Ein Lesebändchen ist auch vorhanden, farblich perfekt passend zum Buchrücken.
Für mich ist dieses Buch einfach süß. Die Bilder sind liebevoll, die Texte zum Schmunzeln schön und sie lassen einen so manchen Ärger vom Tage gut vergessen. Ich lese es sehr gern vor - aber der kleine Wehrmutstropfen kommt: mein Sohn mag es nicht wirklich. Vielleicht sind die Themen etwas zu sehr Frauen-/Mädchenlastig (Einrichten vom Haus z. Bsp.), aber ich bin ja kein Freund von Klischeees :-) Und ab und zu darf ich es vorlesen, weil er sich freut, wenn ich mich freue. Tja - quasi alle glücklich wie bei Tilda...

Donnerstag, 14. Januar 2016

Andy Weir: Der Marsianer: Rettet Mark Watney

Andy Weirs Roman "Der Marsianer: Rettet Mark Watney" greift ein Horrorszenario auf, welches so noch nicht geschehen kann, aber man sich trotzdem sehr gut vorstellen kann. Der Astronaut Mark Watney wird von seinen Astronautenkollegen auf den Mars vergessen. Was zunächst unglaublich klingt, erklärt sich schon nach wenigen Seiten. Während eines Sandsturms wird Mark Watney von herumfliegenden Teilen getroffen und bleibt bewußtlos liegen. Die anderen Astronauten retten sich zunächst zum Raumfahrzeug zurück. Dort prüfen sie die Werte, die der Raumanzug von Mark sendet und entscheiden schweren Herzens, dass er nicht zu retten ist und retten sich zunächst erstmal selbst, in dem sie die Mission abbrechen und vom Mars wegfliegen.
So unglaublich das nun klingt, habe ich erwartet, dass Mark völlig auf sich gestellt ist und auch nichts mehr auf dem Mars hat. Das das keinen Sinn ergibt, ist mir nach dem Lesen nun auch klar. Es gibt nämlich in diesem Roman auf dem Mars eine Raumstation, die mit allerhand Technik ausgestattet ist und in die er sich zunächst - wieder erwacht und doch noch gesund und munter - flüchtet. Die nächsten 400 Seiten beschäftigen sich damit, wie er über 2 Jahre überlebt, an der Technik rumbastelt und welche Pläne er macht. Leider kommt dabei die  psychologische Komponente viel zu kurz. Ich hatte erwartet, mehr von den Problemen der Einsamkeit und Isolation zu lesen. Mark ist über lange Zeit komplett von jeglicher Kommunikation abgetrennt und ihm droht zudem der Hungertod. Das alles scheint er aber gelassen zu nehmen. Gut finde ich, dass er wenigstens ab und zu ironisch seine sehr schlechte Lage kommentiert. Hier bleibt es aber leider bei sehr oberflächlichigen Kommentaren. Im Gegensatz dazu wird in aller Ausführlichkeit die technische Seite beschrieben. Wen schon immer interessiert hat, welche Geräte alles so eine Raumstation hat und wie die funktionieren, wird in diesem Roman sehr gut bedient. Einige der technischen Probleme bzw. deren Lösung wiederholen sich aber. Dies macht den ganzen Roman um die Rettung von Mark leider sehr langatmig. Manche Seiten mit technischen Lösungen kann getrost überblättern und trotzdem der Handlung noch folgen. 
Ich habe den Roman trotzdem verschlungen, da man ja nun mal wissen will, ob und wie er gerettet wird. Meine Erwartungen bezüglich der psychologischen Seite dieses Unglücks wurden dabei aber leider nicht erfüllt. Eine interessante, technisch ausführliche Story ist es aber allemal.

Simon Beckett: Flammenbrut

Für mich war es der erste Roman von Simon Beckett, so dass ich keinen Vergleich zu seinen späteren sehr beliebten Büchern der Hunter-Reihe ziehen kann. Flammenbrut ist ein Frühwerk, welches ich in einer überarbeiteten Auflage von 2009 gelesen habe. 
Der Inhalt kurz zusammengefasst: Geschäftsfrau Kate ist auf Sinnsuche in ihrem Leben und findet, dass ein Kind genau das richtige jetzt wäre. Aber das ganze bitte ohne Partnerschaft, denn davon ist sie geheilt, seit sie vor 3 Jahren eine Beziehung zu ihrem damaligen Chef Paul hatte. Sie entscheidet sich daher für eine Samenspende. Eine anonyme Spende möchte sie nicht, deswegen sucht sie per Annonce einen Spender. Lediglich ein Kandidat meldet sich und ist perfekt, so dass sie die Befruchtung vornehmen lässt.
Dass das alles viel zu glatt verläuft und zu schön um wahr zu sein, ist, ahnt der Leser schon früh. Man möchte an mehreren Stellen Kate zurufen: "Nicht!" Die Geschichte insgesamt ist sehr vorhersehbar. Es ist eigentlich für fast jeden - außer Kate - klar, dass der Kandidat sich als jemand anderes ausgibt. Ihre halbherzigen Versuche, ihn zu überprüfen, enden immer in Gutgläubigkeit, die einfach nur anstrengend ist.
Das Buch pendelt immer zwischen Frauenroman mit Beziehungsproblemen und Thriller hin und her. Ein richtiger Thriller ist es meiner Ansicht nach nicht. Die Spannung ist zwar da, aber eben zu vorhersehbar und zu sehr mit unwichtigen Details ausgeschmückt. Oftmals werden Dinge erzählt, die rein gar nichts mit der Handlung zu tun haben - die keinen Sinn darstellen wie das Essen kochen oder welche Lichter Kate in ihrer Wohnung anschaltet. 
Leider für einen Thriller keine Leseempfehlung, für seichten Frauenroman schon eher.


Mittwoch, 6. Januar 2016

Sabine Bohlmann: Die Familienschatzkiste: Bräuche, Rituale, Spiele & Rezepte rund ums Jahr

Sabine Bohlmann hat mit der Familienschatzkiste ein wunderschönes Buch geschaffen mit vielen Anregungen, die einen durch das ganze Jahr begleiten können.
Die Aufteilung im Buch ist zunächst grob nach Jahreszeiten. Dies macht durchaus Sinn, da man gezielt für die jeweilige Jahreszeit sich eine Beschäftigung heraussuchen kann. Hierbei werden aber nicht nur Spiele wiedergegeben, sondern sie gibt Anregungen für Rituale, erklärt die Hintergründe von Festtagen und Bräuchen, gibt Bastel- und Rezeptideen. Sozusagen ein Potpourri an Ideen, was man zusammen als Familie anstellen kann. Dabei mischen sich altbekannte Ideen - wie z. Bsp. Blumen sammeln und pressen - mit neuen Ideen wie aus diesen Blumen dann ein gedrucktes Bild mittels Glasscheibe herstellen. 
Viele ihrer Ideen sind mit Aktivitäten für draußen verbunden; Kindern wird damit die Natur im Wechsel der Jahreszeiten wunderbar näher gebracht. Jede Jahreszeit steht eine Top-Ten voran, was man doch idealweise tun könnte: im Frühling den Vögeln beim Singen zuhören, im Sommer auf einem Grashalm pfeifen, im Herbst Drachen steigen lassen und im Winter einen Tag im Pyjama verbringen...
Dieses Buch enthält so viele Kleinigkeiten, Tipps, Ideen und Ratschläge so das man immer wieder etwas neues entdecken kann. Zudem ist es sehr hochwertig gestaltet, fester Umschlag, sehr dickes Papier. Die Bilder und Illustrationen sind gut gewählt, jeder Artikel/Idee ist mit einer Symbolik versehen, so dass man sofort erkennt, woran man ist. Hier gibt es Singen, Nähen/Basteln, Kochen/Backen, Malen, Schreiben, Lesen und Rätsel. 
Dieses Buch will nicht einfach von Seite 1 bis 192 gelesen werden, sondern man kann und sollte es benutzen. Immer wieder reinblättern - man findet garantiert eine sofort umsetzbare Idee, um die Zeit mit der Familie sinnvoll zu verbringen.
Ich finde dieses Buch hebt sich sehr positiv von anderen Beschäftigungsbüchern ab, die meist nur eine Beschäftigung wie Basteln in den Vordergrund stellen. Die Ideen sind ausgewogen, passend und v.a. mit wenigen Mitteln umsetzbar. Die Hintergrundinformationen zu den Jahreszeiten und Bräuchen runden das Buch ab und machen es so besonders. Ganz klare Empfehlung!


Marie Greenwood: Kinder-Weltraumatlas mit Pop-up-Planeten

Der "Kinderweltraumatlas mit Pop-up-Planeten" von Marie Greenwood ist ein schön illustriertes und informatives Kinderbuch. Die erste Klappseite enthält ein Pop-up von Planeten, dass ausreichend stabil ist und sich perfekt einklappen läßt ohne zu Verknicken.
Die verschiedenen Planeten sind sehr gut farbig dargestellt, so dass ein reales Bild vermittelt wird. Die restlichen Seiten sind ohne Pop-up, dafür aber mit Ausziehseiten. Hier muß man ab und zu beim wieder reinschieben mithelfen, da kleinere Kinder das noch nicht so einfach schaffen. Jede Doppelseite ist einem Planeten im Sonnensytsem gewidmet und enthält erstmal nur die wichtigtes Informationen. Das Vorlesen bzw. später selber lesen ist somit kurzweilig. Wenn man mehr Informationen zum einzelnen Planeten möchte und z. Bsp. an ganz genauen Abmaßen interessiert ist, kann man das Zusatzblatt herausziehen, welches für jede Doppelseite vorhanden ist. Somit ist ein kurzes Lesen oder eben ein ausführliches Lesen möglich. 
Die Verarbeitung des Buches ist sehr hochwertig und die Seiten aus dicker Pappe. Inhaltlich würde ich das Buch für Kinder ab 5-6 Jahre ansetzen, für ältere Kinder aber definitiv auch noch sehr interessant. Die farbliche Gestaltung hat mir persönlich sehr gut gefallen und die Texte sind durchweg interessant geschrieben. Dieser Weltraumatlas eignet sich hervorragend, um Interesse am Weltall zu wecken bzw. weltraumbegeisterte Kinder glücklich zu machen.


Dienstag, 5. Januar 2016

Jodi Picoult: Bis ans Ende der Geschichte

Jodi Picoults Roman "Bis ans Ende der Geschichte" ist nichts für schnelle, laue Unterhaltung. Dafür hat dieser Roman zu viel Tiefgang. Er beschäftigt den Leser auch über das Lesen hinaus und läßt einen nur schwer los. 
Im Mittelpunkt steht Sage Singer, welche eine leidenschaftliche Bäckerin ist und nur nachts arbeitet. Sie lernt in der Bäckerei den pensionierten und im Ort sehr geschätzten Josef Weber kennen. Mit ihm freundet sie sich an bis er sie eines Tages bittet, ihm beim Sterben zu helfen, weil er ein Geheimnis hat. Schnell wird schon am Anfang klar, zu welcher Art Geheimnis es gehen wird und worin der Gewissenskonflikt bestehen wird. Sage ist jüdischer Abstammung und Josef Weber heißt in Wahrheit anders und war SS-Offizier in Auschwitz. Er bittet Sage stellvertretend für die von ihn getöteten Juden um Vergebung. 
Mit vielen verschiedenen Erzählebenen und aus unterschiedlichen Sichtweisen wird hier von Jodi Picoult ein heikles Thema intelligent und mit viel Tiefgang beschrieben. Neben der eigentlichen Frage, ob Vergebung in dieser Form möglich ist, wird dem Leser auch das Leben von Sage und ihrer Familie nahe gebracht. Dabei werden Themen wie Ehebruch, Tod, Trauer, Unfall, Schuldgefühle, Freundschaft und letztlich auch Liebe in Einklang gebracht. Die Themen werden logisch miteinander verwoben und bauen aufeinander auf. Die Judenverfolgung wird anschaulich durch die Ich-Erzählung der Großmutter von Sage wiedergegeben. Parallel erzählt Josef seine Geschichte und wie er tun konnte, was er tat. Dem Leser wird dabei keine Vorverurteilung mitgegeben. Er kann selbst entscheiden, für welche Handlung er Verständnis aufbringen kann und welche nicht. Nicht nur einmal fragt man sich, wie man selbst in dieser Situation gehandelt hätte.  
Jodi Picoult läßt ihre Hauptfigur Sage viel reflektieren über die Frage, ob Vergebung möglich ist und ob sie Josef beim Sterben helfen soll. Dies geschieht mit sehr vielen klugen und schönen Worten. Der Leser taucht ganz hinein in die Geschichte und kann dieser auch nach dem Lesen nicht entfliehen. Für mich ein ganz großes Lesehighlight - trotz oder eben wegen des schweren Themas.

Lucy Clarke: Der Sommer, in dem es zu schneien begann

Ein Buch, was ich zunächst nur wegen der optischen Gestaltung und dem lustigen Titel gekauft habe, ist Lucy Clarks "Der Sommer, in dem es zu schneien begann".
Was von der reinen Zusammenfassung auf dem Klappentext nach einem sehr traurigen Liebesroman klingt, entpuppt sich als eine vielschichtige Geschichte rund um Liebe, Geheimnisse und Verrat. Nicht immer sind die Dinge so, wie sie einem zu nächst scheinen.
Hauptperson Eva verliebt sich Hals über Kopf in Jackson und heiratet diesen. Immer wieder bittet sie ihn, zusammen in seine Heimat Tasmanien zu reisen, um seine Heimat und Familie kennenzulernen. Er lehnt das aber ab und erfindet Ausreden. Bereits wenige Monate nach der Hochzeit verstirbt Jackson - er ertrinkt in der rauen See beim Angeln. Eva beschließt daraufhin, nach Tasmanien zu reisen. Sie trifft hier auf Jacksons Vater und Bruder, die zunächst sehr abweisend reagieren. Erst nach und nach kommen sich Eva und Jacksons Bruder näher. Er nimmt sie mit zum Tauchen und Eva erfährt immer mehr Wahrheiten über ihren Ehemann. Sie stellt fest, dass sie einen ganz anderen Mann kannte - etwa einen Lügner? 
Was für mich zunächst nur nach einer traurigen Liebesgeschichte aussah, wird immer teifgründiger und vor allem überraschender. Wahrscheinlich kann auch Eva kaum glauben, was sie alles erfährt und wie es zu dem Unfall am Meer kommen konnte. Man fiebert mit Eva mit und vor allem leidet man mit ihr mit. Das Buch ist fesselnd geschrieben und es liest sich recht schnell. Man möchte einfach des Rätsels Lösung kennen und kann daher das Buch nur schwer aus den Händen legen. Die Landschaftsbeschreibungen von Tasmanien und dem Tauchen runden diesen Roman ab. Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen!


Donna Tartt: Distelfink

Mein Lieblingsbuch war viele Jahre der Erstlingsroman "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt. Umso trauriger war ich, dass es kein neues Buch gab. Tatsächlich hat sich die Autorin aber einfach nur viel Zeit gelassen (mir kommt spontan Walter Moers in den Sinn bei dem ich ähnlich auf die Fortsetzung fiebere). Nur alle 10 Jahre veröffentlicht Donna Tartt einen Roman.

In den neuen, dritten Roman "Der Distelfink" bin ich zunächst nur schwer rein gekommen. Die Fesselung war irgendwie nicht von Anfang an gegeben. Da hieß es also erstmal durchhalten, was sich aber sehr gelohnt hat. Erzählt wird die Lebensgeschichte von Theodor Decker. Nach der Trennung seiner Eltern lebt Theodor mit seiner Mutter in New York. Eines Tages sind beide auf den Weg zur Schule für eine Besprechung mit Lehrern/Direktor, da Theodor mit einem Freund beim Rauchen auf dem Schulhof gesehen wurde. Auf dem Weg dahin machen Sie einen kurzen Abstecher in eine Kunstausstellung, um einige seltene Bilder anzusehen. Unter anderem auch das Bild "Der Distelfink" von einem niederländischen Maler. Während Theordor sich dieses Bild noch ansieht, geht seine Mutter kurz Richtung Museumsshop. Es erfolgt ein Anschlag auf das Gebäude und die meisten Besucher sterben - so auch Theodors Mutter. Er kann leicht verletzt "fliehen" und nimmt dabei das Gemälde vom Distelfink an sich. Dieses Bild wird ihn vortan begleiten auf seinem Weg - von Pflegefamilie, seinem Vater in LasVegas, bei seiner Arbeit im Antiquitätenladen...Wie sehr dieses Bild sein Leben beeinflussen wird, wird erst im Laufe des gut 1000 Seiten langen Buch klar und es erfolgen einige spannende Wendungen.

Der Leser wird mitgenommen auf eine Reise quer durchs Land und durch die Gefühle von Theodor. Trotz der Dicke des Buches ist es an keiner Stelle langatmig, sondern immer wieder spannend und detailreich. Es gibt lustiges und trauriges, schockierendes aber auch überraschendes. Also eine sehr gute Mischung von allem. Donna Tartt schafft es beeindruckend, einem zu zeigen, wie schnell ein Leben in andere Bahnen geraten kann, vom geraden, langweiligen Weg weg hin zu einem immer kriminelleren Leben. Man fiebert als Leser mit Theodor mit und wünscht sich geradezu, dass ihm Gutes widerfährt. Das Buch ist sicherlich keine leichte Kost, aber leicht und flüssig zu lesen, so dass einem die Dicke nicht abschrecken sollte.



Sonntag, 3. Januar 2016

Lucinda Riley: Die sieben Schwestern

Ganz entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten, habe ich das Buch "Die sieben Schwestern" von Lucinda Riley nicht gelesen, sondern gehört. Die Hörbuchvariante ist eine etwas gekürzte Fassung des Romans und kommt daher mit 8 CDs á etwa einer Stunde. Erzählt wirdvon 3 verschiedenen Erzählern, so das eine Unterscheidung der beiden Erzählebenen gut möglich ist.

Die Geschichte von "Die sieben Schwestern"hat Lcuinda Riley geschickt angelegt. Dieses Buch ist der Auftakt zu einer Reihe und womöglich werden bis zu 7 Bücher am Ende erscheinen. Da nicht alle Geheimnisse bzw. Fragen im Buch gelöst werden, wird der Leser auf die Folter gespannt und "soll" möglichst die nächsten Bände auch noch lesen. Momentan gibt es aber bislang nur Band 2 "Die Sturmschwester". Wann die weiteren Bände folgen, ist ungewiss.

Im ersten Band dreht sich alles um die älteste Schwester Maia. Sie wird von der Haushälterin des noblen Anwesens in der Schweiz telefonisch darüber informiert, dass ihr Vater Pa Salt gestorben wäre. Sie eilt nach Hause und informiert ihre 6 Schwestern ebenso. Vor Ort erfährt sie, dass bereits innerhalb eines Tages eine Seebestattung stattgefunden hat ohne Trauergäste. Dies an sich führt schon zu wilden Spekulationen und Vermutungen - bei den Schwestern und beim Leser. Eine wirkliche Auflösung erfolgt hier aber in Band 1 nicht. Stattdessen hat Pa Salt für jede der Schwestern Hinweise über ihre Herkunft hinterlassen, da alle zu unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Orten/Familien adoptiert wurden. Der Leser kann nun im ersten Band die Suche nach den Eltern von Maia verfolgen, welche diese nach Brasilien führt. Hier findet sie bald ihre mutmaßliche Großmutter und erfährt durch Briefe und Erzählungen die Familiengeschichte. Diese wird als zweite, fast eigenständige Geschichte erzählt. Die Hauptfigur Isabel - genannt Bel - erfüllt dabei alle Klischees, die man sich fast denken kann. Auch die anderen Figuren sind sehr schwarz-weiss gezeichnet. Anfangen vom Vater, der unbedingt in Adelskreise anerkannt werden will als Mann, der sich alles selbst erarbeitet hat; über die böse Schwiegermutter, die Bel nie wirklich traut bis hin zum adeligen Mann, der natürlich häßlich, versoffen und dumm ist. Mir hat diese Geschichte trotz ihrer Klischees aber emotional besser gefallen, da man sich in die Zeit zurück träumen kann und sich durchaus die Zwänge vorstellen kann, unter denen Isabel zu leiden hatte. 
Parallel dazu lernt der Leser Maias Geschichte, das Land Brasilien, geschichtliche Hintergründe zur Christusfigur und zu guter Letzt kennen und es entsteht noch eine Liebesgeschichte. Diesen Teil empfand ich eher als langweilig und zu vorhersehbar. Warum die Figuren auch immer wieder in ihrer Landessprache Ausrufe machen, statt dies zu übersetzen, erschloss sich mir nicht und hat mich auch sehr gestört.
Am Ende sind viele Fragen noch offen, man hat als Leser so den einen oder anderen Verdacht...in einem kleinen Ausblick wird schon etwas von der nächsten Schwester (und damit dem nächsten Band) angedeutet. 
Insgesamt ist der Auftaktroman eine gute Idee, es gibt einige spannende Fragen und Wendungen. Ein Teil wird beantwortet, ein Teil bleibt offen. Die Lebensgeschichte der ältesten Tochter Maia und ihrer Familie ist in sich schlüssig und liest (bzw. bei mir ja hört) sich schnell sowie unterhaltsam. Wenn man über einige vorhersehbare Dinge hinwegsieht, ist es durchaus ein gelungener und unterhaltsamer Frauenroman.